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Marktausblick

US-Wirtschaft startet gut ins 3. Quartal – Soft Landing immer wahrscheinlicher

CIO Kommentar, Montag, 21. August 2023

Dr. Stefan Kunzmann, Leiter Investment Research

Nachdem das Wachstum des US-BIP bereits im 2. Quartal die Erwartungen an den Finanzmärkten übertreffen konnte und sich überraschend resilient gezeigt hat, deuten die Zeichen nach den bislang veröffentlichten Wirtschaftsdaten darauf hin, dass sich die Wirtschaft auch im 3. Quartal 2023 besser entwickelt als lange Zeit befürchtet. Wiesen die Prognosen bis Mitte Juni noch auf eine sich abschwächende Wirtschaft hin, versprechen sie nun einen leichten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts. Unterstützung erhalten sie dabei von Zahlen aus der Industrie und vom Einzelhandel. Sowohl die Industrieproduktion wie auch die Einzelhandelsumsätze haben die Erwartungen übertroffen und im Vergleich zum Vormonat zugelegt. Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze (Kontrollgruppe) legten im Juli um +1% (MoM) gegenüber Juni zu.

«Bidenomics» stärken heimische Industrie

Dabei kommen aktuell fiskalpolitisch expansive Investitionsprojekte der Biden-Administration der konjunkturellen Entwicklung zugute. Diese werden häufig unter dem Begriff «Bidenomics» zusammengefasst und beinhalten vielfältige Massnahmen, die meist auf die Stärkung der heimischen Industrie abzielen. Ein Beispiel hierfür ist der «Inflation Reduction Act», welcher Investitionen in Höhe von 430 Milliarden US-Dollar über die nächsten zehn Jahre zur Reduktion von CO2-Emissionen und besserem Zugang zu Krankenversicherungen umfasst. Die Namensgebung ist hier etwas irreführend, da solch fiskalpolitisch expansiven Unterfangen eigentlich nicht die Inflation bekämpfen, sondern die wirtschaftliche Entwicklung stützen.

Trotz der positiv ausgefallenen Daten zeigen sich die Erwartungen an die Geldpolitik der US-Notenbank kaum verändert. Am Markt wird davon ausgegangen, dass die Leitzinsen des US-Fed ihren Zenit im aktuellen Zinszyklus erreicht haben. Es wird jedenfalls in den kommenden Monaten keine erneute Zinserhöhung eingepreist.

Vielmehr spricht einiges dafür, dass 2024 mit ersten Leitzinssenkungen gerechnet werden darf. Es wird zunehmend damit gerechnet, dass ein Soft Landing der US-Konjunktur gelingen könnte, also eine Rezession – trotz enorm rasch und stark erhöhter Leitzinsen – vermieden werden kann.

Leitzinserhöhungen in der Eurozone und der Schweiz – Wahrscheinlichkeit ist gesunken

Im Gegensatz zu den USA rechnen wir seitens SNB und EZB nach wie vor damit, dass die beiden Notenbanken ihre Leitzinsen nochmals um 25 Basispunkte erhöhen werden. Die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt ist aber in den letzten Wochen gesunken.
Es mehren sich die Zeichen für eine sich weiter abschwächende Konjunkturdynamik. Die deutlich gestiegenen Leitzinsen haben diesseits des Atlantiks zu einer Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen bei Unternehmen, Konsumenten und bei Bauwilligen geführt. Dies zeigt sich zunehmend auch in den Stimmungsindikatoren der Unternehmen.

So bewegen sich speziell die Indikatoren für den Industriebereich in der Eurozone und der Schweiz deutlich im kontraktiven Bereich. Auch für den Dienstleistungsbereich sind die Indexwerte gesunken – in der Schweiz liegt dieser seit Juli deutlich im kontraktiven Bereich. Und das trotz anhaltend guter Daten von den Arbeitsmärkten.

Für eine Leitzinserhöhung sprechen dagegen weiterhin vergleichsweise hohe Inflationsraten in einigen Ländern der Eurozone. Zudem ist für die Schweiz damit zu rechnen, dass die Teuerungsrate aufgrund befürchteter Mieterhöhungen nochmals steigen wird. Mieten machen am Schweizer Warenkorb, der der Inflationsberechnung zugrunde gelegt wird, gut 20 % aus. Entsprechend gehen wir davon aus, dass EZB und SNB der Wirtschaft nochmals eine Dosis des bitteren Medikaments einer Zinserhöhung verabreichen. Um sicher zu gehen, dass die Inflation auch tatsächlich im Griff ist.

Aktuelle Positionierung

Die Gewinnerwartungen für den S&P 500 Index für Q2/2023 wurden im Vorfeld der Gewinnsaison kontinuierlich nach unten korrigiert und lagen zwischenzeitlich 9% unter dem Vorjahresquartal. Bislang haben jedoch knapp 80% der Unternehmen die (tiefen) Erwartungen übertroffen. Voraussichtlich werden die Gewinne für Q2/2023 (nach Abschluss der Berichtssaison) über dem Niveau des vorherigen Quartals Q1/2023 liegen. Für die nächsten Quartale wird in den USA wieder mit höheren Gewinnen gerechnet. Dies und die Chance auf ein Soft Landing der US-Konjunktur sowie die Erwartungen einer nachlassenden Zins- und Inflationsdynamik sprechen für Aktien.

Dabei gilt es jedoch, auch die vorhandenen Risiken wie beispielsweise Chinas Probleme im Immobiliensektor (Stichwort: Evergrande, Country Garden etc.), deren Auswirkungen auf die Konjunktur und die Wachstumsaussichten im Reich der Mitte zu beachten. China hat im Zusammenhang mit den Risiken im Immobilienbereich zwar Massnahmen angekündigt, bislang aber noch nichts wirklich Konkretes vorgelegt. Dies hat an den Aktienmärkten zuletzt für Verunsicherung und entsprechend tieferen Notierungen geführt.

Weitere kritische Themen sind unter anderem die offenen Fragen rund um die Energiepreisentwicklung (trotz sehr hoher Gasfüllstände) im Herbst/Winter in Europa, gestiegene Bewertungen und geopolitische Spannungen. Unter Abwägung des Für und Wider bleiben wir bei den Aktien leicht übergewichtet, haben aber selbstverständlich auch die schwierigen Themen stets im Blick.

Bei den Obligationen sind wir weiter untergewichtet. Positiv ist, dass die im Bondmarkt eingepreisten Inflationserwartungen – auch dank der restriktiveren Geldpolitik – stabil sind. Das Risiko steigender Renditen bleibt zwar bestehen, ein deutlicher Anstieg scheint unserer Ansicht nach aber eher unwahrscheinlich.

Heutige Marktentwicklung

Der SMI-Index zeigt sich am heutigen Montag von seiner positiven Seite. Er ist mit gut 0.5% im Plus. Der deutsche DAX-Index gewinnt ebenfalls in ähnlichem Umfang an Wert. Für die US-Aktienbörsen signalisieren die Futures eine leicht positive Handelseröffnung (Stand ca. 10.00 Uhr, 21.08.2023, Basel Zeit).

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