Der starke Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität in Europa als Folge der Corona Pandemie hat in den letzten Wochen zu weitreichenden Initiativen zur Milderung der Rezession geführt. Die EZB hat am 4. Juni beschlossen ihr Anleihen-Kaufprogramm (PEPP, Pandemic Emergency Purchase Program) von 750 Milliarden EUR auf 1350 Milliarden EUR aufzustocken. Die Käufe werden bis Juni 2021 umgesetzt. Danach soll die erhöhte Bilanzsumme der EZB durch Ersatz der Fälligkeiten bis mindestens 2022 weiter gehalten werden. Die Zinsen auf Verfall für 10-jährigen italienische Staatsanleihen sind nach der Ankündigung des Kaufprogramms von ca. 1.60% auf 1.40% gefallen, was als Zeichen dafür gewertet kann, dass die EZB die Erwartungen der Finanzmärkte sogar etwas übertroffen hat. Die 27 EU-Mitglieder verhandeln über ein 750 Milliarden EUR Konjunkturprogramm, das gemeinsam finanziert werden soll. Dabei könnte etwa ein Drittel des Gesamtbetrages nicht bloss gemeinschaftlich als Kredit zur Verfügung gestellt werden, sondern als «à fonds perdu» Transferzahlung. Die Mittel sollen offenbar vor allem Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland bei der Revitalisierung ihrer Wirtschaft unterstützen. Bevor das Konjunkturprogramm tatsächlich realisiert werden kann, bedarf es der Einigung und der Zustimmung aller 27 EU-Mitglieder. Der bereits erfolgte Austritt der Briten aus der EU ist dabei eine wenig beachtete Ursache, für die wiederbelebte Beschluss- und Handlungsfähigkeit der EU.
Schliesslich konnte sich am 3. Juni die Koalitionsregierung in Deutschland auf ein umfangreiches 130 Milliarden schweres Konjunkturpaket für Deutschland einigen. Das Paket umfasst 57 Punkte, insbesondere werden die Mehrwertsteuer-Sätze von Juli bis Dezember in Deutschland deutlich gesenkt. Auch bei der Energiewende und der Digitalisierung soll das Massnahmenpaket der deutschen Bundesregierung Investitionsimpulse auslösen. Die europäischen Aktienmärkte haben sehr positiv auf die zahlreichen Massnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft in der EU reagiert. Sie konnten inzwischen einen grossen Teil der im März erlittenen herben Verluste aufholen.
Die Beschäftigungszahlen für den US-Arbeitsmarkt für den Monat Mai, die am vergangenen Freitag, 5. Juni, bekanntgegeben wurden, waren viel besser als von Analysten erwartet.
Im Mai beträgt die offizielle US-Arbeitslosenquote noch 13.3%, nachdem sie in April mit einem Wert von 14.7 % wohl ihren Höchststand erreicht hatte. Erwartet wurde hingegen ein weiterer deutlicher Rückgang der Beschäftigung. Die Befürchtung, dass in den USA die Arbeitslosigkeit auf das Niveau während der Depression der 1930er steigen könnte, d.h. auf Werte von über 20% hat sich also nicht materialisiert.
Die Corona Pandemie ist in den USA ist nach wie vor nicht überstanden. Die Zahl der täglich neu laborbestätigten Infektionen ist zwar tiefer als noch im April, sie hat sich im Mai aber wenig verändert und liegt in der Grössenordnung von 20'000 Fällen pro Tag. Diese weiterhin hohen Zahlen könnten mit der intensiveren Testaktivität zusammenhängen. Dennoch steigen die Opferzahlen weiter. Am 28. Mai wurde die Marke von 100'000 Todesopfern in Zusammenhang mit dem Corona Virus erreicht und aktuell sind es bereits über 110'000 Todesopfer. Man muss leider erwarten, dass in den USA in den kommenden Monaten weiterhin etwa 20'000 Menschen pro Monat an oder mit dem Corona Virus sterben werden.
Die landesweiten Proteste gegen den systematischen Rassismus und gegen die jüngsten Gewaltexzesse der Polizei in den USA gehen schon in ihre dritte Woche. Erste Reformvorhaben und Anpassungen der Organisationsstruktur der Polizei wurden in einigen US-Bundesstaaten angekündigt. In welcher Weise dieses Thema die US-Präsidentschaftswahlen am 3. November beeinflussen wird, ist schwierig vorauszusagen. Es ist aber eine neue Entwicklung, dass sich auch viele prominente Republikaner von den Statements von Donald Trump in Zusammenhang mit der Protestwelle in den USA distanzieren.
Gelungener Start der Aktienmärkte in den Juni
Nach der Erholung im April und im Mai bleiben die Aktienmärkte auch in der ersten Juni Woche auf ihrem positiven Trend. Insbesondere die europäischen Aktienindices haben im Juni bisher etwa 10% zugelegt. Die Schweizer Aktienindices sind inzwischen im Jahresverlauf 2020 wieder praktisch unverändert. In Anbetracht der Jahrhundert-Rezession die wir gerade durchschreiten, wirkt dies wie die Überwindung der (ökonomischen) Schwerkraft am Aktienmarkt. Wir raten daher zu partiellen Gewinnmitnahmen bei Aktien, d.h. zu einer umsichtigen Reduktion der Risikoexposition im Portfolio.
Heutige Entwicklung an den Aktienmärkten
Am heutigen Montag eröffnen die weltweiten Aktienmärkte leicht negativ. Die europäischen Aktienmärkte sind aktuell etwa 0.5% im Minus. Der Schweizer SMI-Index ist praktisch unverändert. Für die US-Aktienmärkte wird nach den deutlichen Gewinnen vom Freitag heute ebenfalls eine wenig veränderte Eröffnung erwartet. US-Aktien verlieren seit Jahresanfang je nach Index (Dow Jones / Standard % Poors 500) aktuell etwa 1% bis 5%, europäische Aktien etwa 10 %, Schweizer Aktien etwa 4% (SMI Index) und chinesische Aktien (CSI 300 Index) etwa 1 % (alle Zahlen per 8.6.2020 ca. 10:30, Basel Zeit, Markbewegungen seit Jahresanfang in CHF bewertet).
Wir wiederholen an dieser Stelle erneut, dass Angst ist in diesem Umfeld kein guter Ratgeber ist. Wir raten an Aktienpositionen festzuhalten. Möchten Sie regelmässig über die aktuelle Börsenlage informiert werden? Dann abonnieren Sie jetzt unseren Investment Letter.