CIO Kommentar, Montag, 20. Juli 2020
Das Gipfeltreffen der EU-Staatschefs hat zur Stunde noch keinen Durchbruch erreicht. Gemäss Statements an die Presse könnte in der Nacht auf Dienstag in Brüssel eine Einigung erzielt werden.
Dabei könnte der Umfang der Transferzahlungen von den geplanten 500 Milliarden Euro auf etwa 400 Milliarden Euro reduziert werden. Zusätzlich zu diesen Transferzahlungen wird auch über günstige Kredite im Umfang von etwa 300 Milliarden Euro verhandelt.
Die Empfänger dieser Transferzahlungen werden zu einem gewichtigen Anteil Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland sein. In Anbetracht der über 2'000 Milliarden hohen Staatsverschuldung Italiens und der ohnehin tiefen Zinsen für Staatskredite die Italien auch in eigener Regie aufnehmen kann, ist die ökonomische Bedeutung dieser Finanzspritze von eher untergeordneter Bedeutung. Sollten die Verhandlungen heute aber zu einem Entscheid führen, dann wäre dennoch ein historisches Zeichen für das Finanzgefüge innerhalb der EU gesetzt. Die sogenannten "Sparsamen Vier" – Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden - die sich anfänglich gegen Transferzahlungen gewehrt hatten, scheinen nun kompromissbereit zu sein, allerdings wollen sie gewisse Kontrollen und Auflagen über die Mittelverwendung durchsetzen. Ein positives Verhandlungsergebnis scheint aber derzeit wahrscheinlich.
Inwiefern dieses Hilfspaket einen Präzedenzfall für eine engere Fiskalunion und eine Schuldenreform darstellen könnte, wird nicht offen diskutiert. Allerdings bleibt gerade für Italien die Schuldensituation auch mit solidarischen Hilfszahlungen aus der EU eine schwere Hypothek für die ökonomische Entwicklung des Landes. Symbolische Solidarität aus der EU alleine, wird die tiefgreifenden strukturellen Probleme Italiens nicht lösen. Der "Braindrain", d.h. die intensive Abwanderung vieler hochqualifizierter junger Italiener ins Ausland ist nur ein Symptom für die verkrusteten Strukturen im dortigen Arbeitsmarkt. Es besteht die Gefahr, dass die EU-Transferzahlungen in Italien mehr konservieren als transformieren könnten. Es ist also zu hoffen, dass der Einsatz dieser Transferzahlungen in den nächsten Jahren nicht wirkungslos verpufft, sondern auch Transformationen bei den Empfängern auslöst. Dies ist auch ein Verhandlungsgegenstand der heute in Brüssel noch kontrovers diskutiert wird.
Die Corona Pandemie hat sich in den USA in der letzten Woche weiter zugespitzt. Die Marke von 140'000 Todesfällen in Zusammenhang mit dem Virus wurde in den USA inzwischen übertroffen. Einige US-Bundesstaaten könnten sich gezwungen sehen, die Lockdown Massnahmen wieder einzuführen oder zu verschärfen, da lokal (z.B. in Florida oder in Los Angeles) eine Überlastung der Gesundheitssysteme droht. Die Daten zur Konsumentenstimmung zeigen entsprechend einen Rückgang für Juli, nachdem im Juni eine Erholung dieses Indikators verzeichnet wurde. Diese Entwicklungen der letzten Wochen scheinen sich auch in den Meinungsumfragen zu den Präsidentschaftswahlen, die in weniger als 100 Tagen staatfinden werden, zu Ungunsten von Donald Trump ausgewirkt zu haben.
Insgesamt war in Europa und den USA die wirtschaftliche Erholung seit April aber ermutigend. Entsprechend steht viel auf dem Spiel, wenn es nicht gelingt, in den USA die Ausbreitung des Virus besser unter Kontrolle zu bringen.
Unsere strategischen Anlagethemen, die sich an globalen «Megatrends» orientieren, waren auch in 2020 erfolgreich. Dabei wurden unsere Anlageempfehlungen ursprünglich natürlich nicht in Erwartung eines Pandemie Szenarios formuliert. Dennoch sind die Trends Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Demographischer Wandel (inkl. Health Care Aspekte) durch die Corona Pandemie beschleunigt worden.
Die Renditen der empfohlenen Anlageprodukte sind seit Anfang 2020 alle im positive Bereich und wir halten an unserer Empfehlung fest, dass diese Themen eine interessante strategische Beimischung für Wertschriftendepots darstellen.
Am heutigen Montag eröffneten die europäischen Aktienmärkte leicht negativ, sie konnten aber im Laufe des Morgens leicht ins Positive drehen. Der Schweizer SMI-Index ist gegen 11.30 Uhr wieder leicht im Plus. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures ebenfalls eine leicht positive Eröffnung nachdem am Freitag deutliche Gewinne verzeichnet wurden.
US-Aktien verlieren seit Jahresanfang je nach Index (Standard & Poors 500/ Dow Jones) aktuell etwa 3% bis 9%, gesamteuropäische Aktienindices etwa 10%, Schweizer Aktien etwa 2 % (SMI Index), chinesische Aktien (CSI 300 Index) liegen etwa 10.5 % im Plus (alle Zahlen per 20.07.2020 ca. 11:30 Uhr, Basel Zeit, Markbewegungen seit Jahresanfang in CHF bewertet).
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