CIO Kommentar, Montag, 23. Oktober 2023
Nach der Veröffentlichung der Inflationsraten ist vor der Veröffentlichung der Inflationsraten. Entsprechend wird von Ökonominnen und Ökonomen mit Spannung darauf geachtet, wie sich Daten entwickeln, die als Indikator für die allgemeine Teuerung gelten. Ein Beispiel hierfür sind die Produzentenpreise. Deren Veränderung wirkt sich zeitverzögert auch auf die Entwicklung der Konsumentenpreise aus. In Deutschland wurden am Freitag die Produzentenpreise für September veröffentlicht. Mit einer Jahresrate von -14,7% gab sie – insbesondere dank deutlich gesunkener Preise für Energie – etwas stärker als erwartet nach. Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist zudem der stärkste seit Erhebung der Datenreihe. Auch wenn sich die negative Veränderungsrate der Produzentenpreise nicht 1:1 auf die Konsumentenpreise durchschlägt, ist sie doch ein weiteres Indiz dafür, dass der Trend sinkender Inflationsraten in den kommenden Monaten intakt bleiben wird.
Die aktuell verfügbaren Prognosen lassen darauf schliessen, dass gegen Ende des Jahres eine Drei vor dem Komma der deutschen Inflationsrate stehen wird. Ein Risikofaktor bleiben die Energiepreise in Europa, falls es in grösserem Umfang zu unerwarteten Unterbrechungen bei den Gaslieferungen kommen sollte.
Nachdem die Wirtschaftsdaten aus dem Reich der Mitte in den vergangenen Monaten meist schwächer als erwartet ausgefallen sind, lag die Wachstumsrate für das 3. Quartal 2023 nun über den Prognosen.
Das chinesische Bruttoinlandsprodukt legte um 4,9% zu (erwartet: 4,5%). Die besser ausgefallenen Daten bedeuten jedoch nicht, dass Chinas Wirtschaft zur alten Konjunkturdynamik zurückfindet. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Wachstum zukünftig schwächer ausfallen wird und Wachstumsraten unter 5% aufgrund struktureller Faktoren (unter anderem der demographischen Entwicklung) normal sein werden.
Verschärfend wirkt zumindest momentan die hausgemachte Immobilienkrise und die schwache globale Wachstumsdynamik. Für 2024 und 2025 liegt die durchschnittliche Prognose (Median) für die chinesische Wirtschaft bei einem Zuwachs des BIP von jeweils 4,5%.
Es ist über zwei Wochen her, seit Terroristen der Hamas in Israel ein schreckliches Blutbad unter der Zivilbevölkerung angerichtet haben. Die Antwort Israels folgte auf den Fuss. Die israelische Armee hat viele Ziele im Gazastreifen angegriffen. Der Krieg zwischen Israel und der Hamas wird weitere unschuldige Opfer auf Seiten der Israelis und der Palästinenser fordern. Ein Ende der militärischen Auseinandersetzung und damit des menschlichen Leids ist bislang leider nicht in Sicht.
Am vergangenen Freitag hatte die Hamas zwei der bekannten 210 Geiseln freigelassen. Die Tatsache, dass Israel die diplomatischen Bemühungen unterstützt, die zur Freilassung weiterer Geiseln führen könnten, ist wohl auch ein Grund dafür, dass die Bodenoffensive der israelischen Armee noch nicht begonnen hat.
Grosse Sorge bereitet weiterhin das vorhandene Eskalationspotenzial, falls nämlich der Iran direkt in den Krieg gegen Israel eingreifen sollte. Aber auch die Gefahr verstärkter Angriffe der vom Iran kontrollierten Hisbollah-Milizen aus dem Libanon heraus sorgen für Unruhe. Vor diesem Hintergrund sind auch die verstärkte Militärpräsenz der USA im östlichen Mittelmeer sowie die intensiven diplomatischen Bemühungen zu sehen.
An den Finanzmärkten ist der Krieg – so zynisch das klingen mag – bislang nur bedingt wahrnehmbar. Die schwächeren Aktienmärkte in der vergangenen Woche wurden vielfach auf die nochmals gestiegenen Renditen der US-Staatsanleihen (zehnjährige US-Staatsanleihe: knapp 5%) zurückgeführt. Einzig die gestiegenen Preise für Erdöl, der höhere Goldpreis und die Aufwertung des Frankens sind unseres Erachtens direkt auf den Krieg im Nahen Osten zurückzuführen.
Wir haben in unserer breit diversifizierten Anlagestrategie bislang keine taktische Veränderung vorgenommen. Aktien, Edelmetalle und täglich liquide Hedgefonds sind in unseren konventionellen Strategien übergewichtet. Die Erfahrung aus den zahlreichen Krisen in der Region aus den vergangenen Jahrzehnten zeigt, dass es kaum sinnvolle Massnahmen gibt, die in einem stark diversifizierten Portfolio Kontext umgesetzt werden sollten.
Der SMI-Index zeigt sich am heutigen Montagmorgen kurz nach Handelseröffnung nur wenig verändert. Gleiches gilt für den deutschen Aktienindex (DAX). Für die US-Aktienbörsen signalisieren die Futures ein geringfügiges Plus (Stand ca. 9.20 Uhr, 23.10.2023, Basel Zeit).