CIO Kommentar, Montag, 28. Oktober 2024
Eine Woche vor den US-Wahlen überschlagen sich die Analysen, Modelle und Prognosen zum Wahlausgang. Es sind vier Szenarien möglich, die jeweils berücksichtigen, ob ein Einzug in das Weisse Haus auch die Mehrheit im US-Kongress mit sich bringt oder nicht. Die Modelle und Prognosen die wir konsultiert haben, ergeben einen geringen Vorsprung für Donald Trump, allerdings ohne dabei auch eine Mehrheit im US-Repräsentantenhaus (grosse Kammer) zu erreichen. Die kleine Kammer, der US-Senat, könnte eine knappe republikanische Mehrheit gewinnen.
Die Unsicherheiten über die künftige Ausrichtung der US-Politik hatten für die Aktienmärkte auch in den vergangenen Wochen keine negativen Auswirkungen auf die Kurse. Im Gegenteil, der US-Aktienindex S&P 500 erreichte Mitte Oktober ein neues Allzeithoch. Etwas mehr Bewegung entstand bei den Renditen von US-Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten. Die Verfallsrendite für 10-Jährigen US-Staatsanleihen stieg seit Mitte September um gut 0.6% an, was eine recht grosse Bewegung für diese Paramater darstellt, insbesondere unter dem gegenläufigen Vorzeichen weiterer erwarteter Zinssenkungen. Manche lesen aus der Bewegung an den Zinsmärkten eine steigende Überzeugung an den Börsen für einen wahrscheinlichen Sieg von Donald Trump. Wir bleiben aber skeptisch, diese Interpretation der Marktbewegung ohne eine stringente Begründung einfach zu übernehmen.
Auch skeptisch muss man Wahlprognosen aus den US-Wettmärkten entgegennehmen. Diese erwarten Donald Trump mit über 60% Quote vorne. Es hat sich herausgestellt, dass einige wenige aber sehr grosse Wetten auf den Sieg Trumps gesetzt wurden. Diese Ausreisser reduzieren die Auszahlungen der Buchmacher für Trumps Sieg und erhöhen somit aber die implizierte Gewinnwahrscheinlichkeit deutlich. Ob hier jemand auf eine Reflexivität der Prognosen auf die tatsächlichen Ereignisse setzt oder ob eine genuine Überzeugung eine gute Wette einzugehen der Grund für den Millioneneinsatz war, sei dahingestellt.
In der südlich von Boston gelegenen Kleinstadt Hanson ist ein vielbeachteter Nachbarschaftsstreit ausgebrochen. Ein Bewohner hat einen nahgelegenen Wasserturm als Projektionsfläche für einen Trump Wahlslogan verwendet. Die Stadtverwaltung, als Eigentümerin des Wasserturms, duldet aber keine Wahlwerbung auf öffentlicher Infrastruktur und hat eine Busse von 100 USD pro Tag auferlegt, solange die Wahlwerbung nachts weiter strahlt. Der renitente Trump Unterstützer hat seine unerlaubte Projektion jedoch nicht eingestellt, worauf die Stadtverwaltung mit starken Projektoren sozusagen das Licht des Rechtstaates auf den Wasserturm richtet und die unerlaubte Wahlwerbung damit unleserlich macht. Die für die Stromerzeugung eingesetzten Diesel Generatoren brummen nun durch die Nacht, was wiederum für Verärgerung in der Nachbarschaft sorgt. Jetzt ärgern sich Sympathisanten des Trump Werbers öffentlichkeitswirksam über die Kosten, welche die Überstrahlungsmassnahme erzeugt. Dieser eher amüsante Streit zeigt beispielhaft auf, wie polemisch und aufgeladen der Wahlkampf auch im Kleinen geführt wird.
Die letzte Woche vor der US-Wahl bringt nochmals einige wichtige Indikatoren zur Entwicklung der US-Wirtschaft. Die Wachstumsstatistik für das dritte Quartal dürfte die erfolgte «weiche Landung» der US-Wirtschaft im Gegenwind der erfolgten Zinswende bestätigen. Erwartet wird ein ansehnliches Wachstum für das dritte Quartal, welches einer annualisierten realen Wachstumsrate von 3% entspricht.
Auch die Arbeitsmarktstatistik die am 1. November erscheint, wird zwar durch die Effekte der jüngsten aussergewöhnlich heftigen Wirbelstürme Helene und Milton beeinflusst sein, dennoch dürfte die robuste Verfassung des US-Arbeitsmarktes weiterhin durchscheinen.
Schliesslich wird ein Index der US-Konsumentenstimmung für Oktober nach einem Einbruch im September mit etwas Spannung erwartet.
Der nächste Zinsentscheid der US-Notenbank findet erst nach der Wahl am 7. November statt. Erwartet wird eine Senkung des Leitzinses um 0.25% auf 4.75%.
Am Höhepunkt des Wahlkampfes dürften diese Indikatoren durch die Kandidaten rhetorisch aufgeladen eingesetzt werden. Am Bild der insgesamt erfreulichen Verfassung der US-Wirtschaft dürften auch die neuen Zahlen aber wenig ändern.
Der Schweizer Aktienmarkt ist heute freundlich in die neue Woche gestartet und gewinnt 0.4%. Auch der deutsche Aktienindex (DAX) steigt zu Beginn der neuen Handelswoche um 0.5%. Für die US-Aktienmärkte signalisieren die Futures-Börsen derzeit ebenfalls Gewinne von rund 0.5%. (Stand ca. 10:00 Uhr, 28. Oktober 2024, Basel Zeit)