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Marktausblick

Eindämmung der Corona Virus Ausbreitung in Europa erfolgreich

CIO Kommentar, Mittwoch, 22. April 2020

Dr. Sandro Merino, Chief Investment Officer
Die jüngsten Zahlen aus Europa zur Entwicklung der täglich durch Tests bestätigen Neuinfektionen sind in der Schweiz und in den grössten vier Volkswirtschaften der Eurozone ermutigend. Wie die untere Graphik aus einem Bericht von Capital Economics vom 21. April aufzeigt, sinkt die Zahl der bestätigen Neuinfektionen inzwischen stetig. In der Schweiz verläuft die Kurve qualitativ ähnlich wie für Deutschland, einfach ein Faktor 10 tiefer im Niveau. Sie liegt heute nur wenig über hundert (Zahl von der Johns-Hopkins-Universität), ein Niveau, dass es also erlaubt, in der Schweiz jeden neuen Fall in seiner Infektionskette zurückzuverfolgen und entsprechende Quarantäne Massnahme anzuordnen.

In Europa verharren die Zahlen in Grossbritannien noch auf hohem Niveau bei über 4000 neuen Fällen pro Tag, aber auch dort hofft man, dass in etwa 3 Wochen die Situation jener auf dem Europäischen Kontinent gleichen wird. Die Kosten der Massnahmen die zum Abflachen des Epidemie-Verlaufs geführt haben, könnten alleine für 2020 im Bereich von 8% bis 10% der Wirtschaftsleistung Europas liegen. Das liegt in einer Grössenordnung von gut 2 Billionen Euro. Die Studie von Capital Economics macht auch Schätzungen zum Anstieg der Staatsverschuldung für die einzelnen Länder der Eurozone. Die Zahlen sind qualitativ vergleichbar mit unseren Zahlen, wobei Capital Economics für Italien und Spanien noch einen deutlich höheren Schuldenstand erwartet.

Diese hohen Kosten, kann man auch als Investition in ein Szenario mit einer rascheren wirtschaftlichen Erholung in Europa sehen. Dann ist es aber sehr ratsam diese Investition zu schützen und die Lockerungen nur sehr vorsichtig auszuweiten. Würde ein zweiter Lockdown wegen einer zu unbedachten Lockerungsphase notwendig werden, dann verdoppeln sich am Ende die Kosten der Pandemie für Europa. Ein Hang zur Vorsicht erscheint uns also sehr ratsam.

Generell zeigt sich auch Woche für Woche immer deutlicher, dass die Unterschiede wie verschiedene Länder die Krise wirtschaftlich meistern werden, sehr gross sind. Deswegen wird am morgigen (Video-) Treffen der 27 EU-Staatschefs mit weiterhin sehr kontroversen Haltungen zu Corona-Bonds oder alternativen gemeinschaftlichen Finanzierungsvehikeln gerechnet. Der Fall Griechenlands, ist dabei ein Beispiel, das aufzeigt, dass der aufgezwungene strikte Sparkurs, als Voraussetzung für Hilfen, das Land nicht auf einen Weg der Erholung gebracht hat. Griechenland hatte zwar vor Ausbruch der Corona Krise erste wirtschaftliche Lichtblicke erfahren. Dies fast 10 Jahre nach den Hilfs-Finanzierungen aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus und nach drastischen Kürzungen bei Renten und in allen Bereichen des Sozialsystems. Endlich schien es bergauf zu gehen. Die Corona Krise stürzt jetzt auch Griechenland in einer neuen tiefen Rezession. Heute hat die griechische Wirtschaft real nur noch etwa 40% ihrer Grösse von 2007. Da ist es rückblickend nicht ganz verkehrt, zumindest aus griechischer Sicht, den Austritt aus der Eurozone, begleitet durch einen griechischen Staatskonkurs und neuer Währung, als die langfristig bessere Option zu bewerten. Allerdings waren, aus damaliger Sicht, die noch drastischeren kurzfristigen Folgen eines Staatskonkurses auf die griechische Bevölkerung, kaum zu verantworten gewesen.

Ein wesentliches Problem ist es, dass ein geordneter Austritt aus der Währungsunion in einem demokratisch regierten Land kaum möglich ist. Werden Parteien politisch einflussreich, die für einen Exit sind, setzt sehr rasch Kapitalflucht ein und die Situation wird rasch wirtschaftlich und sozial äusserst instabil. Man müsste also über Nacht agieren, alle Konten einfrieren können und diktatorisch vorgehen, was glücklicherweise innerhalb der Eurozone nicht vorstellbar ist. In Italien setzt die Opposition gegenwärtig stärker auf diese Austritts Fantasien, aber das Dilemma, dass der blosse ernsthafte Gedanke an den Austritt, die Lage schon eskalieren lässt, scheint kaum überwindbar. Dies macht die aktuelle Entwicklung aber nicht weniger bedrohlich. Es bleibt also zu hoffen, dass Kompromisse möglich sind und die Zeit Besserung bringt.

In unserer Anlagestrategie und da sind wir wohl nicht die einzigen, muss das Szenario einer neuen Ausprägung der Eurokrise stärker gewichtet werden. Dies führt zu mehr Zurückhaltung beim Kauf von italienischen Staatsanleihen, was den Teufelskreis ja gerade schliesst. Somit steht auch heute an den Finanzmärkten eine mögliche Abstufung Italiens durch die Rating Agenturen im Raum, was wiederum die EZB zu einer erneuten Ausweitung der Kriterien beim Kauf von Anleihen zwingt. Sub Investment Grade Anleihen wären dann neu zulässig für EZB Käufe. Das Beispiel der negativen Ölpreise zeigt, dass in ungewöhnlichen Zeiten auch unerwartete Entwicklungen geschehen. Der Ölpreis hat übrigens auch für die europäische Sorte Brent ein 21-Jahres Tief erreicht. Negative Preise für Öl sind aber verschwunden und der gestrige Tag bleibt somit vorerst ein Kuriosum. Da der Verbrauch von Rohöl stark zurückgegangen ist und dies wohl längere Zeit so bleibt, kann wohl nur ein umfangreicher Produktionsstopp nachhaltig Besserung bringen.

Nachhaltige Anlagen ohne Rohöl

In unseren nachhaltigen Anlagestrategien (Anlagelösungen und Vermögensverwaltungsmandate) investieren wir nicht in Rohstoffe und sind somit nicht exponiert beim Preiszerfall von Rohöl. Bei unseren angebotenen konventionellen Strategien ist die Exposition gering und die Effekte auf die Anlagestrategie sind insgesamt fast vernachlässigbar. An dieser Stelle wiederhole ich gerne, dass die Basler Kantonalbank und die Bank Cler grundsätzlich allen Kunden zur Wahl einer nachhaltigen Anlagestrategien raten.

Entwicklung an den Aktienmärkten

Am heutigen Mittwoch eröffnen die weltweiten Aktienmärkte positiv. Die europäischen Aktienmärkte sind aktuell etwa 0.5 % im Plus. Der Schweizer SMI-Index ist aktuell ebenfalls knapp 0.5 im Plus. Für die US-Aktienmärkte wird heute ebenfalls eine moderat positive Eröffnung erwartet. US-Aktien verlieren seit Jahresanfang je nach Index (Dow Jones / Standard % Poors 500) aktuell etwa 15% bis 19%, europäische Aktien etwa 25 %, Schweizer Aktien etwa 10 % und chinesische Aktien (CSI 300 Index) etwa 6.5 % (alle Zahlen per 22.4.2020 ca. 12:30, Basel Zeit, Markbewegungen seit Jahresanfang in CHF bewertet).

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