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Immobilien: Eine wichtige Anlageklasse mit zahlreichen Herausforderungen

Traditionell gelten Immobilien als bedeutender Bestandteil des Vermögensaufbaus und der Vorsorge. Gleichzeitig bilden sie eine wichtige Anlageklasse. Dabei stellen sich für Investoren diverse Fragen zu Preisfindung, Risiko oder Nachhaltigkeit. Das Wörterbuch beschreibt Immobilie als «unbeweglichen Besitz». Mittelfristig braucht es einiges, um den strukturellen Veränderungen zu begegnen oder die gesetzlichen Vorgaben im nächsten Vierteljahrhundert zu erreichen und den Wert von Immobilien zu erhalten.

Schweizer Immobilien
Dr. Rolf Wetzer, Finanzanalyst

Immobilien betreffen uns alle. Sei es als Mieterin und Mieter oder als Besitzerin und Besitzer der eigenen vier Wände. Viele sind mit hohen Mieten oder astronomischen Kaufpreisen konfrontiert oder interessieren sich für Immobilien als Teil ihrer Vorsorge. Gemeint sind meist Wohnimmobilien, obwohl diese nur ein Segment des Immobilienmarktes darstellen. Viele Flächen in der Schweiz werden gewerblich genutzt.

Gewerbeimmobilien: Höhere Renditen bei höherem Risiko

Der Markt für Gewerbeflächen ist ein sehr heterogenes Sammelsurium. Dieses reicht von Büros, Läden, Fabriken, Lagern und Verwaltungsgebäuden über Hotels und Restaurants bis hin zu Parkplätzen. Dazwischen drängen sich noch zahlreiche Untergruppen. Gleichzeitig sind Gewerbeimmobilien statistisch bei Weitem nicht so genau erfasst wie der Wohnsektor. Informationen über Bestand, Wert und Transaktionen sind oftmals nicht öffentlich zugänglich. Zudem fehlen zentrale Datenquellen.

Statista schätzt den Wert von Gewerbeimmobilien der Schweiz auf über 1000 Mia. CHF und der Bestand wächst über ein Prozent pro Jahr. Zum Vergleich: Der US-Markt für Gewerbeflächen ist rund 23 Mal grösser. Büro- und Verkaufsflächen machen rund die Hälfte des Wertes der Schweizer Gewerbeflächen aus und kommen gemeinsam auf gut 100 Mio. Quadratmeter Nutzfläche. Dies entspricht der aggregierten Fläche der Städte Bern, Genf und Luzern. Der Büromarkt dominiert, dieser ist beinahe doppelt so gross wie der Markt für Verkaufsimmobilien.

Anlegerinnen und Anleger suchen bei Gewerbeimmobilien eine höhere Rendite als bei Wohngebäuden. Dafür nehmen sie ein deutlich höheres Risiko in Kauf. Denn Gewerbeflächen reagieren stärker auf Wirtschaftsschwankungen. In Boomphasen arbeiten mehr Menschen, folglich ist der Platzbedarf grösser als in Wirtschaftsflauten. Zudem besteht ein höheres Leerstandsrisiko, da es für diese Flächen meist nur wenige, grosse Mieter gibt. Zusätzlich haben Mietverträge in der Regel lange Kündigungsfristen und sind oft an die Inflationsentwicklung gekoppelt.

Derzeit ist das Segment einem grossen Wandel unterworfen. Darum gibt es weltweit Bestrebungen, ungenutzte Büros in Wohnfläche umzuwandeln. Logistikimmobilien erfreuen sich einer grossen Nachfrage.

Ueber die Hälfte der Gebäude mit Wohnnutzung in der Schweiz sind Einfamilienhäuser.

Wohnimmobilien in der Schweiz: Es wird zu wenig gebaut

Von allen Teilen des Immobilienmarktes ist der Sektor Wohnen statistisch am besten erfasst. 1 785 321 – so viele Gebäude mit Wohnnutzung gab es gemäss dem Bundesamt für Statistik (BfS) 2022 in der Schweiz. Über die Hälfte sind Einfamilienhäuser, ein Viertel sind Mehrfamilienhäuser. Die meisten Wohnbauten stehen in den bevölkerungsreichsten Kantonen Zürich, Bern, Waadt, Aargau und St. Gallen.

Bewohnt werden sie hauptsächlich zur Miete. Von den rund vier Millionen Haushalten in der Schweiz lebt nur ein gutes Drittel im Wohneigentum, davon die Hälfte im eigenen Einfamilienhaus. Es gibt seit den 1970er Jahren eine langsame Tendenz zu mehr Wohnbesitz, vor allem in ländlichen Regionen. In Kantonen mit grossen Städten liegt die Besitzquote deutlich niedriger.

In der Schweiz wird zu wenig gebaut. Mit 10 000 neuen Wohngebäuden im Jahr 2021 ist die Bautätigkeit bei Weitem zu tief. Seit 1990 wurden rund 400 000 Gebäude erstellt. Dabei wurden immer mehr Wohnungen und immer weniger Einfamilienhäuser gebaut. Dies ist ein Ausdruck der voranschreitenden Verstädterung. Generell wird weniger, aber verdichteter gebaut. Es herrscht die Tendenz zu kleinen Wohnungen und Gebäuden mit mehreren Wohnungen. Im Bestand der Wohngebäude gibt es viel Bewegung. In den vergangenen Jahren wurden pro Jahr rund 30 000 Wohnungen verkauft und etwa 55 000 Wohnungen oder 1% des Bestandes war im Durchschnitt unbewohnt. Ein Zehntel der Bevölkerung zieht im Laufe eines Jahres um, meist innerhalb des gleichen Kantons und häufig in eine grössere Wohnung. Laut BfS wohnen immer weniger Personen in einem Haushalt, während die durchschnittliche Wohnfläche ansteigt.

Die Preise für Wohnflächen werden von anderen Treibern bestimmt als für Gewerbeimmobilien. Insgesamt steigt die Nachfrage, da sich die Bevölkerung der Schweiz durch Zuwanderung der Zehn-Millionen-Marke nähert. Zudem beflügeln eine robuste Konjunktur, eine geringe Arbeitslosigkeit sowie die Tendenz zu Homeoffice die Suche nach mehr Wohnraum. Dämpfend wirken die restriktive Kreditvergabe und der steigende Referenzzinssatz.

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Seit der Corona-Pandemie arbeiten mehr Menschen von zu Hause aus und bestellen Waren verstärkt im Internet. Dies reduziert den Bedarf an Büro- und Verkaufsflächen deutlich.

Immobilien: Ein wichtiger Baustein für Vermögensaufbau und Vorsorge

Diese Preismechanismen sind für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wichtig, da viele Gelder der zweiten Säule in Immobilien investiert sind. Doch wem gehören eigentlich die Wohngebäude in der Schweiz? Das sind zuallererst private Haushalte. Sie besitzen rund 60% der Wohngebäude. Das BfS listet noch vier andere Besitzergruppen auf. Rund 11% der Wohngebäude gehören juristischen Personen. Dahinter verbergen sich Fonds, Immobiliengesellschaften und Pensionskassen. Dies sind zum einen die grossen Vermieter der Schweiz, zum anderen die Anbieter von Anlageprodukten, die für die Vermögensbildung und die Vorsorge wichtig sind. Die Werte unterscheiden sich stark in den einzelnen Kantonen (siehe Abb. 6). Immobilien als Anlageklasse sind wichtig, da sie langfristig stabil sind. Sie helfen bei der Streuung der Risiken und dienen häufig als Anker in der Anlagepolitik. Sie sind ein wichtiger Baustein sowohl des Wohlstandes als auch der Vorsorge.

Pensionskassen haben in den vergangenen Jahren den Immobilienanteil an ihren Gesamtvermögen kräftig ausgebaut, teilweise bis an die gesetzlich festgelegte Obergrenze von 30%. Damit haben sie ihre Anlagen seit 2004 verdreifacht. Sie haben an die 250 Mia. CHF Pensionskassengelder in Immobilien angelegt. Mit den daraus hervorgehenden höheren Ausschüttungsrenditen sie das Niedrigzinsumfeld gut überstehen. Inzwischen zahlt der Markt wieder höhere Zinsen und die Zielgrösse der Immobilienanlage scheint erreicht. Daher kommt kein weiterer Kaufdruck in den Markt. Aber auch keine grosse Notwendigkeit, sich von diesen Anlagen zu trennen. Solange es in der Schweiz einen positiven Zuwanderungssaldo gibt, bleibt die Nachfrage nach Wohnraum hoch und Immobilien eine begehrte Anlage. Aufgrund der Illiquidität der Anlageklasse – der Name Immobilie ist hier Programm – wäre die Rückführung dieser hohen Immobiliengewichtung eine Herausforderung.

Limitierte Liquidität von Immobilienfonds

Anlageprodukte auf Immobilien sind knappe Güter, was sich auf zwei Arten auswirkt. Zum einen zahlt man beim Fondskauf oftmals einen Preis, der über dem Wert der Immobilien liegt. Dieser Unterschied heisst Aufgeld oder Agio und drückt den Mangel an Angebot oder eine überbordende Nachfrage aus. In Boomphasen wurden sogar 60% mehr als der geschätzte Wert bestimmter Fonds bezahlt.

Je nachdem, ob man kauft oder verkauft, bestehen unterschiedliche Preisvorstellungen. Sind viele Marktteilnehmer vorhanden, liegen die Forderungen beider Seiten eng beisammen, was zu verstärkten Umsätzen mit moderaten Kursbewegungen führt. Dieser Effekt heisst Marktliquidität. Fehlt diese, können einzelne, sehr kleine Transaktionen zu grossen Kurssprüngen führen, ohne dass dies die fundamentale Situation der Produkte ausdrückt. Verglichen mit der Liquidität von Immobilienfonds erscheint ein ausgetrockneter Schwamm als tropisches Feuchtgebiet. Die täglichen Umsätze mancher Fonds sind so gering, dass sie zum Teil die Preisbewegung einer Jahresrendite auslösen.

Von Immobilien(-fonds) und den Denkansätzen bei der Nachhaltigkeit

Eng verbunden mit dem Immobilienwert ist die Nachhaltigkeit. Was diese für Immobilien oder deren Anlageprodukte genau bedeutet, lässt sich nicht eindeutig beantworten und führt oft zu philosophischen Diskussionen. Ohne Letztere hier aufzunehmen, gibt es für Gebäude und Finanzprodukte feste Eckpunkte. Der Gesetzgeber fordert einen klimaneutralen Wohnungsbestand bis 2050. Neubauten entsprechen in der Regel diesem Standard. Um jedoch die Dimension dieser Vorgabe zu verstehen, muss man genau auf den Bestand schauen. Nur gut ein Fünftel aller Wohngebäude in der Schweiz stammt aus diesem Jahrtausend, ein weiteres Fünftel entstand zwischen 1980 und 2000. Beinahe 60% aller Wohnungsgebäude sind älter als 50 Jahre. Es ist eine Mammutaufgabe, diese flächendeckend auf saubere Energiequellen, effiziente Fassaden und Dächer umzurüsten.

Die Schweiz nutzte 2022 fürs Heizen noch mehrheitlich Öl oder Gas (siehe. 7). Zwar sank der Anteil fossiler Energien seit 1990 um 10%, aber dies ist auf die jüngere Bau tätigkeit zurückzuführen. Insgesamt spielen die als nachhaltig eingestuften Energiequellen wie Fernwärme, Holz oder Wärmepumpen mit einem Drittel bislang eine unter geordnete Rolle. Ihr Zuwachs betrug in 32 Jahren nur 14%. Einzig der Anteil der Wärmepumpen ist stark angestiegen. Dagegen sind Holzheizungen rückläufig und Fernwärme nahezu unbedeutend. Es bedarf noch grosser Anstrengungen und Investitionen, um die Immobilien in Einklang mit den Vorschriften zu bringen. Liegenschaften, die dies nicht erreichen, könnten drastisch im Wert fallen. So gelten beispielsweise in den Niederlanden seit 2023 Nutzungs- oder Vermietungsverbote, wenn bestimmte Energieklassen nicht erreicht werden.

Nicht jeder Immobilienfonds erhält ein ESG-Gütesiegel

Investorinnen und Investoren haben bei Immobilienfonds einen anderen Blickwinkel auf die Nachhaltigkeit. Oftmals reicht ein energie- und umwelteffizientes Gebäude allein nicht aus. Mindestens ähnlich wichtig ist die Lage, dass zur Miete wohnende Haushalte befragt werden, die Infrastruktur einen Wohlfühlfaktor erzeugt und die Fondsgesellschaft sich sowohl sozial als auch korrekt verhält. Nur dann erhält der Fonds ein sogenanntes ESG-Gütesiegel, das zur nachhaltigen Einschätzung berechtigt. Hier kommt viel Subjektivität ins Spiel, weil man für diese Einschätzung auf die unterschiedlichsten Punkte Wert legen kann. Der Einzelne kann dies, auch aufgrund der oft hohen Zahl an Liegenschaften in einem Fonds, kaum allein erfassen. Profis verlassen sich daher auf die Einschätzung von spezialisierten Firmen. Trotzdem bleibt die Lage verworren, da es bald mehr Zertifizierer als gelistete Schweizer Immobilienfonds gibt.

Wir wählen für unsere Einschätzung aus dieser Vielfalt nur Zertifikate aus, die in der Fondslandschaft zum Tragen kommen und wenn möglich einen lokalen Hintergrund haben. Die infrage kommenden Zertifikate stehen für uns gleichberechtigt nebeneinander, da wir akzeptieren, dass es viele Wege nach Rom gibt. Allerdings stellen wir sportliche Hürden an die Noten, die die Fonds in diesen Prüfungen erreichen müssen, bevor wir ein Produkt als nachhaltig einstufen und investieren.

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